Korea-Reiseberichte
Koreainfo

Dieser Reisebereicht aus dem Jahre 1997 gibt einen interessanten Einblick von Nordkorea.
Der Autor Andreas Niederdeppe ist mit offenen Augen auch für das Detail zwei Wochen durch den nordkoreanischen Teilstaat gereist. Das was ihm und seinem Begleiter gezeigt wurde, hat er hinterfragt und so auch "zwischen den Zeilen" gelesen.

Man sollte bedenken, daß sich die wirtschaftliche Lage des Landes inzwischen noch verschlechtert hat. Die BIlder im Bericht konnten leider nur in Schwarzweiß als Scan in geringerer Qualität zur Verfügung gestellt werden. Dies stellt jedoch in keinster Weise eine wie auch immer geartetet Wertung dar !



 
Zu Besuch in Nord-Korea

Autor: Andreas Niederdeppe, Heiligenhaus

Die Gewißheit, daß unsere zweiwöchige Reise in die Volksrepublik Korea stattfinden wird, haben wir erst, als wir unsere mit Visa versehenen Pässe in der Interessenvertretung der KDVR in Berlin in Empfang nehmen. An diesem Tag erfährt der Zeitungsleser von 24 Millionen hungernden Nord­Koreanern, die zum Teil Sägemehl essen. Der Abflug beginnt für uns mit der Gewährung der
1.Klasse. Erst nach dem Zwischenstopp in Moskau haben wir keine ''Privatmaschine" mehr. Herren mittleren Alters in gepflegter Kleidung und mit Kim Il Sung am Revers steigen zu. In Moskau selbst ist nicht einmal der Transitdurchgang besetzt und niemand scheint sich zu kümmern. 

Kleiner Tempel in Pjöngjang



 
 
 

Überpünktlich landen wir samstags um 12.45 Uhr auf dem Flughafen Sunan und füllen die Einreisedokumente aus. Wir werden bereits von dem Abteilungsleiter der Koreanischen Gesellschaft zum Austausch von Publikationen und unserem Reiseleiter erwartet. Unsere Einschätzung, daß wir mit 
den Gastgebern eine angenehme Zeit verleben werden, soll sich bestätigen. Der Fahrer des dunklen Volvo, der uns während der gesamten Reise zur Verfügung steht, steuert zuerst das Großmonument Mansudä zur obligatorischen Blumenniederlegung vor der großen Kim Il Sung Bronzestatue an. Als 
wir im Hotel Taedonggang ankommen, haben wir bereits eine kleine Stadtrundfahrt hinter uns. Erster Eindruck: Das Leben geht seinen gewohnten Gang. Reinen Touristen aus Europa begegnen wir in den Hotels nicht. Dafür deutschen Geschäftsleuten, die mit der Schweinezucht befaßt sind, und Schweizern, die Experten für Ziegenzucht in den Bergen sind. Wir sprechen die Pläne für die nächsten Tage durch, wobei unsere Wünsche noch berücksichtigt werden. Fragen nach den Aussichten für koreanische 
Patente für den deutschen Markt stehen ebenfalls auf der Agenda. Abends gehen wir zu zweit und ohne Begleitung zum Kim Il Sung Platz. Am ersten Abend erleben wir, was mir während der gesamten Reise zu denken gibt: Die Menschen schauen den Ausländer offen und interessiert an, fragen teilweise, aus welchem Land wir kommen und gehen uns nicht aus dem Weg. Keine Spur von Mißtrauen und Scheu. 
Der erste Morgen führt uns zum Geburtshaus von Kim Il Sung, von dem im Süden gesagt wird, es sei nicht der wahre Geburtsort. Die Führung ist in englisch und beansprucht unseren Dolmetscher nicht. Hinter uns warten viele Armeeangehörige, die uns interessiert anschauen und in ihrer Vielzahl 
bald zum gewohnten Bild für uns gehören. Der angegliederte Vergnügungspark wird zur Fahrt mit der Achterbahn genutzt. Es ist relativ leer und wir erfahren auch warum. Alle verfügbaren Pioniere bzw. Studenten helfen auf den Feldern bei der Reissetzung. ''In diesem Jahr müssen wir eine gute Ernte 
einbringen. Wir wissen, daß uns keiner helfen will und es aus eigener Kraft schaffen müssen." Bei dieser Gelegenheit sprechen wir direkt, und nicht zum letzten Male, die Meldungen über die Hungerkatastrophe an. ''Ja, in den Überschwemmungsgebieten gibt es Menschen, die verhungern. Mir tut es im Herzen weh, denn ich weiß aus der Zeit nach dem Krieg, was es heißt, hungrig zur Arbeit 
zu gehen." Über diese Offenheit aus dem Munde von offiziellen Reisebegleitern sind wir überrascht und bohren vorerst nicht weiter nach. Die Besichtigung des 170 Meter  hohen Juche­Turms behalten wir während der Reise in Erinnerung. Der Führerin mit Englischstudium merkt man an, daß sie mit 
vielen Ausländern zu tun hatte. Bei der Aussage über den ''Sieg der Juche­Ideologie" schaut sie uns nicht an und spult ihren Text nur ab. Sie mustert uns und scheint zu denken: ''Was wollen die Deutschen hier. Soll ich sie etwa von den Vorzügen unseres Systems überzeugen?" Für beide Seiten ein Pflichtprogramm.


Allgegenwärtig: BIldnisse der "Grossen Führers"



 
 
 

Nach der anschließenden Besichtigung des Triumphbogens mit einer Koreanerin in der schönen Nationaltracht, die bereitwillig Auskunft über ihr Alter und den Familienstand gibt, fahren wir zum Sta­
dion des 1.Mai. Während der Erklärungen stößt überraschend ein gut gebauter Koreaner hinzu und erklärt, er sei der Direktor des Stadions und heißt die Gäste aus Deutschland ganz herzlich willkommen. '' Ich habe bei der Olympiade in München mitgespielt und achte sehr Herrn Beckenbauer. Sie kennen ihn sicher." Wir fertigen Erinnerungsfotos mit ihm und werden winkend verabschiedet. Das Programm ist gut organisiert, so daß wir in zwei Wochen möglichst viel sehen. Der Reiseleiter sagt: '' Wenn Sie zufrieden sind, bin auch ich zufrieden." Bei der Besichtigung des neuen '' Monumentes der Parteigründung" treffen wir eine Reise gruppe aus der Volksrepublik China. Es sind einige chinesische Touristen im Land. Wir sind froh uns nicht in einer zwanzigköpfigen Gruppe zu befinden. Im Daesong Warenhaus stellen wir fest, daß viele Koreaner über die Valuta­Won verfügen und wie selbstverständlich damit einkaufen. Ausländer zahlen mit dieser speziellen Währung, die nichts mit dem Geld zu tun hat, das die Bevölkerung verdient. Wie sie denn an Devisen kommen möchten wir erfahren. '' Meistens durch Verwandte in Japan," sagt man uns. Wir hörten im Hotel aber auch, daß Staatsfirmen, die Exportartikel herstellen, einige Valuta­Won auszahlen würden. Wie in allen sozialistischen Staaten bleibt auch hier die Frage nach den Menschen, die keine Auslandsbeziehungen haben. Am Abend wird für uns ein Bankett mit erlesenen koreanischen Speisen gegeben. Der Vize­Chef der Publikations-Gesellschaft war in vielen osteuropäischen Staaten und der DDR. Das erste Glas Insam Schnaps erhebt er auf das ''ewige Leben des Großen Führers". Er bietet an auf Messer und Gabel zu verzichten. Wir sind bereits mit den Stäbchen geübt. Bei dieser Gelegenheit übergeben wir Gemüse­Saatgut im Wert von rund DM 5.000 (Tomaten, Gurken usw.). Durch Nachfragen bei vielen Saatgutbetrieben erreichten uns die Spenden der Firmen, wofür wir, vor allem natürlich im Namen der Koreaner, sehr dankbar waren. Der Vize­Chef bittet uns in Deutschland so über die Volksrepublik Korea zu berichten, wie wir es vorfinden. Wir schließen daraus, daß es ihm weder um Lobesh­
ymnen geht, noch um tendenziöse Negativberichterstattung. Am folgenden Tag fahren wir ins
Myohyangsan Gebirge und besuchen die Internationale Freundschaftsausstellung, in der Geschenke an Kim Il Sung und Kim Jong Il nach Staaten geordnet ausgestellt sind. Uns werden natürlich die Vitrinen, auf denen ''Germany"` steht, gezeigt. Von Honecker bis zum Leiter der Interessenvertretung der Bundesrepublik aus dem Jahre 1991 ist alles ausgestellt. Viele deutsche Unternehmen überreichten Geschenke. Ehrfürchtig führt man uns in einen hell erleuchteten Raum. Präsident Kim Il Sung steht in Lebensgröße vor uns. '' Ein Geschenk aus China" . Uns wird von einem Gast berichtet, der von einer einmaligen internationalen Kunstausstellung sprach, die unbedingt erhalten bleiben müsse. Nach der sich anschließenden Besichtigung der Pohyonsa Tempelanlage, bei der auf die über 5000 Jahre alte Geschichte Koreas verwiesen wird, stellen wir fest, daß die Verkäuferin der Souvenirs das Verkaufen versteht und uns sogar einen erfrischenden Tee spendiert. Es hätte ein privater Kiosk sein können. Am nächsten Tag steht die Bergwanderung Manpokdong auf dem Programm. Daß wir uns trotz Regen dazu entschließen, beeindruckt die charmante Führerin. Sie kann sich dann nicht verkneifen, nach einem Drittel der Strecke zu erzählen, daß an jener Stelle der damalige DDR­Boschafter '' schlapp machte" . Nach fast vier Stunden und rund acht Kilometern konnten wir die 100°C Sauna im Hyangsan Hotel in
Anspruch nehmen. Anschließend geben wir unseren Betreuern ein Glas Bier aus und erfahren mehr aus ihrem Leben: ''Ich bin meinem Staat und Genossen Kim Il Sung sehr dankbar. Zweimal wurde ich kostenlos operiert. Ansonsten könnte ich heute nicht mehr laufen. Ich würde lieber sterben, als mich in die Hände der Amerikaner zu geben, die den südlichen Teil unsers Landes besetzt halten und einen Krieg heraufbeschworen". Der ältere Herr schaut uns in die Augen und meint was er sagt. Er war übrigens mehrmals in Westeuropa, berichtet von den Ob­dachlosen und Bettlern und ebenso den guten Eindrücken. Ein Italiener unternahm eine Korea­Reise als Abenteuertour, da er damit rechnete verhaftet zu werden und nie mehr ausreisen zu können. Er wollte seinen Freunden gegenüber Mut zeigen. Der Betreuer lacht herzlich und sagt: ''Wir haben noch Kontakt zu ihm, und er hat auch schon eine Fotoausstellung für uns in Italien organisiert." Auch der folgende Tag wird zur Wanderung genutzt. Wir treffen zwei Pioniergruppen, die sich gerne fotografieren lassen und für uns noch musizieren. Dann werden wir zum Singen aufgefordert.


Musizierende Pionieregruppe


Wieder in Pjöngjang besichtigen wir die U­Bahn und fahren von der Station Buhung bis Yonggwang.Die U­Bahn fährt im Zehnminutentakt und ist nicht so überfüllt wie die Straßenbahn. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind weiterhin ein Problem, selbst in der Hauptstadt. Und die völlige Überladung der Busse wird die Wartungsintervalle bzw. Ausfälle vergrößern. Im ''Museum des Großen Vaterländischen Befreiungskrieges`` treffen wir hauptsächlich auf Soldaten. Blicke in den Nebenraum zeigen, wie unbefangen sich z.B. die weiblichen Soldaten geben, wenn sie sich an den Händen halten. Einige Veteranen stehen zur Führung durch das Museum zur Verfügung. Gerne werden uns Beutestücke von der US­Armee gezeigt. Kino und Panorama mit echtem Rauch und Schlachtfeldgeruch führt man (in Deutsch) vor. Ein neues Buch über US­Spionageflugzeuge ist nicht ge plant. Man sei ja gegenwärtig auch um eine Verbesserung der Beziehungen bemüht! Es folgt die Besichtigung der Ausstellung der drei Revolutionen, die extra für uns geöffnet wurde. Als wir vor den bekannten zwei Mercedes­Modellen mit eigenem Stern stehen, weiß keiner der Anwesenden wie er sich verhalten soll. Es wird gesagt: '' Dieser Pkw, den wir aus eigener Kraft bauten, sieht ähnlich aus wie ein Mercedes. Er ist noch nicht reif für die Serienproduktion." Es scheint sich tatsächlich um eine Kopie der Karosse rie zu handeln, wie man an der Lackierung erkennt.

Wir besuchen die Vorstellung des Pjöngjanger Stadtzirkus, der akrobatische Bestleistung bietet und auch in Deutschland Vorstellungen gibt. Tiere kommen im Gegensatz zu europäischen Veranstaltern kaum zum Einsatz und es wird ausschließlich koreanische Musik gespielt. Der Clown läßt die Kinder über südkoreanische Polizisten lachen. Der Ausländer erhält seine Eintrittskarte auf Bilderdruckpapier, der Koreaner auf heimischen Produkten.
Nach dem wie immer reichhaltigen und schmackhaften Abendessen (es soll sich für Hotelgäste im Vergleich zu vorangegangenen Jahren verbessert haben) gingen wir ohne Begleitung durch die Stadt zum bekannten Koryo Hotel. Auch hier die Feststellung, daß das Personal, welches ausschließ lich und über lange Zeit mit ausländischen Gästen zu tun hat, die koreanische Art und Ursprünglichkeit verloren hat. Im Devisengeschäft wird lustlos Massenabfertigung betrieben. In unserem Hotel hingegen freuen sich die Damen über jeden Einkauf, bemühen sich und rundeten den Betrag auch um 5 Chon ab, wenn Kleingeld fehlt. Im Drehrestaurant des Koryo Hotels hat man einen wunderschönen Überblick über die Hauptstadt. Hier erleben wir den ersten und einzigen kurzen Stromausfall. Daß es keine
Straßenbeleuchtung oder nur noch dunkle Häuser nach 21.00 Uhr gibt, wie öfters berichtet wurde, trifft nicht zu, aber viele Straßen sind nicht beleuchtet. Das Bier ist hier zehnmal so teuer wie gewöhnlich. In Westeuropa müßte man jedoch vielfach noch Eintritt zahlen um überhaupt in solch ein Drehrestaurant zu gelangen. Auch den Hauptbahnhof schauen wir uns in Eigenregie an. Natürlich nichts vom Ausländerwartesaal wissend, betreten wir kurz entschlossen den Volkseingang und hören Kindermusik. Das Militär schaut zwar etwas verwundert, doch niemand will von uns wissen, was wir hier suchen. Es stellt sich uns am nächsten Morgen die Frage, was dem Ausländer eigentlich in der Hauptstadt
an nicht gewünschten Eindrücken vorenthalten werden soll, als wir gefragt werden, wo wir überall waren und was für Eindrücke wir bekamen. Von nun an sprechen wir unsere Wünsche mit den Begleitern ab. Wir können weiterhin das sehen, was wir möchten, sind nur nicht mehr auf uns selbst gestellt.


Alltagsszene mit Straßenbahn auf der Sungri Straße in Pjöngjang


Nach der Besichtigung des Koreanischen Revolutionsmuseums (hinter der Kim Il Sung­Bronzestatue, an der Pioniergruppen und Familien Blumen niederlegen) gehen wir in den Buchladen für Dipiomaten. Dort
finden wir viel traditionelles Kunstgewerbe vor. Seidenstickerei und ansprechende Ma lerei läßt hier keinen Platz für Bildbände über die Volksarmee, die in Hotels ausliegen. Ausländer können hier nach Bildvorlage ein Porträt erstellen lassen. Gerne wird erläutert, daß die besten Druckmaschinen importiert wurden. Aus Deutschland natür lich. Nächster Programmpunkt ist die Fahrt zur König Tangun Grabanlage, von der Südkorea behauptet, die Entdeckung der Gebeine sei ein Propaganda­Trick des Nordens. Wir sind auch hier die alleinigen Gäste. Da die touristische Infrastruktur zweifelsfrei vohanden ist, sprachen wir dies an. Uns wird offen gesagt, daß selbst die Gäste ausbleiben, die bereits die Volksrepublik Korea bereisten, da sie von den Zeitungsmeldungen durch die angespannte Lage auf der koreanischen Halbinsel verunsichert sind. Man hoffe, daß wir über die '' wahren Verhältnisse" berichten würden. Nicht nur bei dieser Gelegenheit wird geäußert: '' Wir wollen uns öffnen. Die USA sind es, die uns isolieren wollen." Diese Äußerung bezog sich freilich vornehmlich auf wirtschaftliche Aspekte. Im '' Groß en Studienpalast des Volkes``wird für uns deutsche Musik aufgelegt und werden einige Bücher aus der DDR beigebracht. In den Sprachlehrräumen wird erläutert, daß hauptsächlich Englisch unterrichtet wird, das Interesse an der deutschen Sprache sei noch nicht so groß . Hierfür gibt es meistens Abendkurse, an denen jeder teilnehmen dürfe. Der Besucher bekommt während der
Reise schon mit, daß vornehmlich die Kinder der hohen Kader auch entsprechende Bildungseinrichtungen besuchen. Zur Aushändigung eines pflanzlichen Arzneimittels für uns wurde extra eine Untersuchung durch eine kompetente Ärztin des Ausländerkrankenhauses veranlaßt. Untersuchung und Arznei ist kostenfrei. '' Ihr seid unsere Gäste, wir sorgen für Euer Wohl." Während der Fahrt nach Nampo (West­ küste) zeigt sich das gewohnte Bild. Die Menschen laufen kilometerweit zu Fuß. Wenn man den Menschen ins Gesicht schaut, hat man nicht den Eindruck, daß sie hungern oder miß mutig sind. Sie gehen ihren gewohnten Weg, lachen und unterhalten sich. In und um die Großstädte wohlgemerkt. Die Überschwemmungsgebiete stehen nicht auf dem Programm. Die Menschen sieht man teils mit Maschinen, hauptsächlich jedoch mit der Hand, die Reisfelder bestellen. Ob der Wagen vor 7.00 Uhr oder nach 18.00 Uhr fährt, die Menschen arbeiten. Keiner im Akkord und nicht alle gleichzeitig, aber stetig werden die Felder bestellt. Ein Gedanke ging uns nie aus dem Kopf: Wer so weite Wege geht und solange körperlich arbeitet muß doch genügend Kalorien zu sich genommen haben. Doch Eingeweihte sagen, wir müßten uns einige Stunden mit auf die Felder begeben um zu sehen, wie erschöpft die Menschen in Wirklichkeit sind. Es würde vor allem am '' Rande der Gesellschaft" gestorben, d.h. alte, schwache und kranke Menschen, die nur abwartend zu Hause sitzen könnten. Diese schlimme Lage würde sich auch in absehbarer Zukunft nicht ändern. '' Und wer glaubt, die Asiaten durch Druck zu Zugeständnissen pressen zu können, hat sehr wenig von der Mentalität der Asiaten verstande", so der Insider. Sehr viele Soldaten helfen mit. Die Arrneeangehörigen scheinen in jedem Ort in bester Verfassung zu sein und machen einen gut durchtrainierten Eindruck. Teilweise halten LKW, um Menschen mitzunehmen. Sie steigen dann auf die volle Ladefläche und nutzen jede Transportmöglichkeit. Dies scheint für die Koreaner eine Selbstverständlichkeit zu sein. Frauen, schick gekleidet, fahren stehend auf der Ladefläche mit und unterhalten sich dabei. Die Besichtigung des Westmeerschleusensystems wird für uns alleine organisiert, der Film über den Bau ist in Deutsch. Jimmy Carter sei auch zu Gast gewesen. An diesem Tag erfahren wir von einem Teufelskreis, der auf das ganze Land übertragbar ist: Wir bestellen zwei Flaschen Importbier und werden freundlich darauf aufmerksam gemacht, daß alle 20 Flaschen seit einigen Wochen das Haltbarkeitsdatum überschritten haben. Es kamen keine Gäste. Wir kaufen nichts, somit fehlen die Devisen zum Nachkauf. Andere Touristen werden sagen, es gäbe nichts zu trinken, da kann man nicht hinfahren. Wir fragen nach den Fischfangerträgen: '' Ja, Fisch haben wir. Er wird auch exportiert. Nur ist der Treibstoff zu knapp, so daß nicht alle Schiffe auslaufen können". Daß hierdurch weniger exportiert werden kann und dadurch noch weniger Treibstoff importiert werden kann, ergibt sich. Der Sonntag beginnt nach unserem Wunsch mit der Teilnahme am Pfingstsonntags­Gottesdienst in der Bongsu­Kirche. Es wird laufend gefilmt und fotografiert, von Koreanern und Ausländern. Es sind Gäste aus den USA anwesend. Wir verlassen diese '' Theateraufführung"`vorzeitig. Ein Pfarrer und ein Bibelerklärer stehen für Fragen bereit. Wir wollen wissen, ob immer dieselben Gottesdienstbesucher kämen. '' Ja, es sind je de Woche die selben." 
"Nimmt die Zahl der  Gläubigen zu oder ab?", fragen wir. ''Sie nimmt leicht zu, genaue Zahlen liegen aber nicht vor". "Gläubige, die nicht hierher kommen, beten in Hausgemeinden"`. Unsere Frage: '' Leiten Sie auch Hausgemeinden und wieviele gibt es?"
' Nein, ich besuche keine Häuser und Zahlen über diese Gläubigen gibt es nicht. '' Wie läßt sich die Reli­ gion mit der Juche­Ideologie vereinbaren" möchten wir wissen. Die Übersetzung der Antwort ist etwas holprig. Es wäre egal, eine Sache sei nicht gegen die andere. Die Kirchenfunktionäre haben offensichtlich die Befugnis ins Ausland zu reisen. So wollen sie auch nach Deutschland kommen. Ver­
wundert sind wir, als der Bibelerklärer zum Abschied übersetzten läßt: '' Glauben Sie, dann wird der Himmel immer helfen". Wir schätzen, daß die '' Einrichtung Kirche"`gute Möglichkeiten für die Regierung bietet, sich an intemationalen Verhandlungen zu beteiligen. Im Anschluß besichtigen wir den Tae­song Märtyrerfriedhof. Dort sehen wir u.a. einen Groß vater mit seinem Enkel und ein verlobtes Paar, jedoch keine Delegationen oder Gruppen. Am Nachmittag sind wir sehr erfreut, daß unser Wunsch nach einem Treffen mit der deutschsprachigen Redaktion von Radio Pjöngjang erfüllt wird. '' Die Hörer, vor allem aus der ehemaligen DDR, schreiben nicht mehr so häufig wie früher", wird offen gesagt. Die Redaktion ist an einem guten Kontakt mit den Hörern interessiert und würde auch mehr Fragen in den Sendungen beantworten, wenn sie denn gestellt würden. Der Dolmetscher des Senders ist enttäuscht über den in '' Kennzeichen D"ausgestrahlten Bericht über Radio Pjöngjang und bemängelte den durchgängig negativen Unterton. '' Wir wollten nur einen objektiven Bericht". Auf die Frage, ob denn ein Informationsaustausch über technische oder wissenschaftliche Themen z.B. mit der Deutschen Welle aus Köln von Interesse wäre, wird gesagt: '' Ja, wir von unserer Seite sind immer dafür offen, es gibt ja auch eine eigene Abteilung für solche Auslandsbeziehungen."

Der nächste Tag führt uns über die fast verkehrsfreie Autobahn, auf der wieder viele Menschen wandern, nach Süden. Die Raststätte bietet traditionellen Trockenfisch, wir sind die einzigen Gäste. In Kaesong (letzte größere Stadt vor Süd­Korea) wird die buddhistische Akademie und das Königsgrab Wangon sowie Kongmin besichtigt. Auch im Hotel Chanamsan sind wir die einzigen Gäste. Es ist fast dunkel im Haus, auch beim Abendessen unter zwei Glühbirnen kann man spüren, daß hier nur der Waffenstillstand herrscht. Wir fragen uns: "Ob die Menschen hier erst gar nicht an Luxus und Bequemlichkeit gewöhnt werden sollen?" Der Fernseher ist hier in der Grenzregion nicht justierbar und wir finden Zeit, den Rundfunksendungen Pjöngjangs auf UKW unser Gehör zu schenken. Man versteht es, die Bevölkerung über die schöne E­Musik mit politischen Aussagen zu erreichen. In der Stadt selbst lächeln die adretten Verkehrspolizistinnen noch in den Wagen, während sie in Pjöngjang der Blicke schon überflüssig scheinen. Im Hotelbuchladen hätten wir Interessantes kaufen können, doch die Feuchtigkeit des Winters hinterließ deutliche Spuren. Es zeigt sich erneut: Viele Bücher lassen sich nicht mehr gegen Devisen verkaufen, die Foto­Filme, die es erfreulicherweise hier gibt, sind nur Tage vom Ablaufdatum entfernt. Danach werden wohl keine neuen mehr angeschafft werden können. Wieder bleibt das Geschäft aus! Der 38. Breitengrad liegt am frühen Morgen vor uns. Der Major hat es eilig, gibt die Erläuterungen im militärischen Stil. Es soll in einer Stunde eine Reisegruppe aus China folgen. In der entmilitarisierten Zone werden ebenfalls die Felder bestellt. Bis unmittelbar an den Elektrozaun. Wir erfahren von dem Panmunjom­Besuch Kim Jong Il's in diesem Jahr. Er schenkte allen Diensttuenden eine goldene Armbanduhr, die auch bereitwillig und stolz gezeigt wird. ''General Kim Jong Il besuchte uns trotz größter Gefahr. Die Feinde richteten ihre Waffen auf ihn". Wir werden von den Amerikanem durch Ferngläser beobachtet, sehen, wie Rotkreuzvertreter des Nordens wieder ihren Wagen besteigen und treten nach dem Wachwechsel schließlich in die bekannte blaue Verhandlungsbaracke ein.

Unsere koreanischen Begleiter sind sehr ernst und erzählen von einigen Zwischenfällen, die Menschenleben kosteten. Dennoch möchten
sie sich in der südlichen Hälfte der Baracke fotografieren lassen. ''Das ist ein wichtiges Foto für uns!" Der Major stellt uns den Dienstältesten vor und möchte unsere Eindrücke hören. Nach der Besichtigung sind alle Anwesenden gelöster. ''Keine besonderen Vorkommnisse", wird er melden können. Die Offiziere sind gerne bereit, sich mit uns fotografieren zu lassen und winken unserem Wagen sogar noch hinterher. ''Winkende Offiziere. Wo gibt es so etwas?", sagen wir zueinander und winken ebenfalls.
An der Baracke in der DMZ


 
Bevor wir in die Hauptstadt zurückfahren, bekommen wir die Spezialität ''Insam-Huhn" gereicht. Außerplanmäßig suchen wir noch den Pagyon Wasserfall auf. Der Fahrer fragt unterwegs die verwunderten Kinder nach dem Weg. Viele lassen uns den Pioniergruß zuteil werden, was wir sonst nirgendwo erlebten. Die Dorfbewohner schauen neugierig aus den Häusern. Unseren Begleitern scheint nicht wohl dabei zu sein, daß die Feldarbeit hier hauptsächlich mit der Hand vonstatten geht, Ochsenkarren fahren und Lasten auf dem Rücken getragen werden. Wir freuen uns jedoch, keine Hochhäuser und Monumente zu sehen.
Das Volk erscheint uns einfach, genügsam und zufrieden, da es keine Vergleichsmöglichkeiten hat. Die Kinder, die viele Kilometer zu Fuß laufen, sind gut gekleidet und nicht unterernährt. Andere spielen auf den Feldern oder Wegen. 

Wie in vielen asiatischen Ländern sind ältere Menschen von einem harten Leben gekennzeichnet. Kein Vergleich zu ausgebauten Dörfern in Deutschland, doch auch kein Anlaß, die Horrormeldungen zu verbreiten, wonach Kannibalismus herrsche. Doch wie erwähnt, wir besuchten keine Hungergebiete.
 

 

Schnappschuss in Pjöngjang:
Kinder in Nationaltracht


 
Bei dieser Gelegenheit sprechen wir unsere Begleiter an und fragen, was es mit den acht Stunden politischer Schulung pro Tag auf sich hat. Er amüsiert sich über die Meldungen der ''westlichen Presse" und sagt: ''Das kann doch gar keiner machen. Acht Stunden Politik." Es gibt politische Schulungen, so erfahren wir, die nach der Arbeitszeit stattfinden. ''Das fällt unter kulturelles Leben bei uns. Ebenso wie Kino oder Besichtigungen." Wir treffen am Wasserfall auf Koreaner, die singen und ein Picknick halten. Wir fotografieren kurz und gehen weiter. Als wir zurückkehren, fragen wir, ob wir von nahe fotografieren dürfen. Die Leute könnten sich eventuell gestört fühlen. ''Ach, aber das macht doch nichts", sagt unser Dolmetscher. Die Menschen fühlen sich weder beobachtet noch gestört. Einige stehen auf und bitten uns in ihren Reihen Platz zu nehmen. Es wird gesungen, gegessen und gelacht. Eine Dame begleitet uns noch bis zu unseren Wagen und winkt  zur Verabschiedung. Die unvorbereiteten und nicht vorgesehenen Treffen mit der einfachen Bevölkerung hinterlassen naturgemäß intensivere positive Eindrücke, als viele organisierte Touristenführungen ! Die koreanischen Begleiter bzw. deren Vorgesetzte sollten keine Angst davor haben und sich nicht für das Erscheinen des einfachen
Volkes (samt Ochsengespann und Lastentragen) entschuldigen.


Reisegruppe am Wasserfall


Wieder in Pjöngjang suchen wir das Philatelie­Büro auf. Die Dame freute sich, et was zu verkaufen, da es für die Chinesen z.B. zu teuer wäre. Wir sprachen mit unserem Begleiter darüber, daß es für uns als Deutsche schon nicht gerade günstig ist, zwei Wochen in der Volksrepublik Korea zu verbringen (min. DM 170.­/Tag, Hotel, Auto, Eintritt etc. incl.) ''Wie finanzieren Besucher aus Afrika oder Lateinamerika das denn?" ''Wir haben kaum Besucher von dort", wird uns gesagt. ''Es gibt aber auch Unterstützung vom Staat, der aber derzeit einen Mangel an Finanzmitteln hat."
Am nächsten Tag werden wir von dem Leiter der Interessenvertretung der Bundesrepublik Deutschland in der Liegenschaft der ehemaligen DDR­Boschaft empfangen. Wir gewinnen den Eindruck, daß er der richtige Mannam richtigen Platz ist. Er beschäftigt sich mit dem Land, seinen Menschen, analysiert die Probleme und lernt Koreanisch. Den Eindruck, daß Pjöngjang einer Abschiebestelle oder Zwangsversetzung gleichkommt, haben wir nun wirklich nicht. Als wir fragen, wie es denn am Wochenende ist, und ob der dann nach Peking reisen würde, sagt uns Herr Maliga: ''Ich bin erst seit drei Monaten vor Ort, und man trifft hier so viele interessante Menschen und kann einiges unternehmen.`` Freies Reisen ist natürlich auch für ihn nicht möglich. Wir sprechen an, daß die Koreaner von den Deutschen mit ihrer Stellung in der Welt etwas enttäuscht sind, von den geringen Hilfslieferungen. ''Wissen Sie, es verbirgt sich eine große Summe deutscher Beteiligung hinter Zahlen, die kaum jemand kennt. Wenn wir etwa einen Großteil der EU­Hilfe leisten oder uns die Zahlungen für die UNO­Hilfen ansehen, kommt man schnell auf andere Zahlen. Ein Schiff mit deutscher Flagge wäre für die Bundesrepublik und mich als Ver treter natürlich werbewirksamer. Die Hauptsache ist aber, daß den Menschen geholfen wird." Desweiteren sagt Herr Maliga: ''Die Vertretung ist in gewisser Weise in einer Warteposition, um für die deutsche Wirtschaft präsent zu sein, sobald sich eine Öffnung des Landes vollzieht." Wir sprechen ferner die Frage des Studentenaustausches an. ''Es gibt Verbindungen. So konnten wir der Kim Il Sung­Universität eine Materialspende im Wert von DM 8.000.­ überreichen. Bei einem Austausch ist es meist eine Einbahnstraße, die zudem mit relativ hohen Kosten verbunden ist. Es reist bekanntlich nie ein Koreaner alleine nach Deutschland. Auf jeden Fall wäre es gut angelegtes Kapital, wenn der Student, der hier eine Position bekommt, einen guten Eindruck von
Deutschland gewonnen hätte." Beim anschließenden Besuch des Büros des Ostasia tischen Vereins aus Hamburg im Potong-gang Hotel bekommen wir eine Broschüre, die alle durch den OAV vertretenen Unternehmen mit einer Kurzbeschreibung auflistet. Ein positives Zeichen: Der Leiter, Herr Unterbeck (früherer Botschaftsmitarbeiter Ost­Berlins), ist in einer Konferenz. Der Abend vor dem Abflug sollte für uns zu einer Überraschung werden. Der Generaldirektor der Publikationsgesellschaft (u.a. Vertrieb von: ''The Pyongyang Times", Reiseführern und Bildbänden) gibt ein Bankett und überbrachte Geschenke als Dank für die  Saatgut­Spende. Wir geben unserer Verwunderung über die erlebte Offen heit bei vielen Aussagen zu erkennen. Die Antwort: ''Ja, wir können offen über unsere Probleme sprechen. Wir wissen, daß sie nur vorübergehend sind und wir unter der wei sen Führung des Genossen Kim Jong Il stehen." Auch er kennt die DDR. Eine Frage, die ungestellt im Raum steht, lautet: ''Haben die Reisekader durch den Zusammenbruch der Systeme in Ost­Europa das Privileg des Reisens verloren?`` Was wir erfuhren war jedenfalls, daß die Freundschaften per Brief nur in den seltensten Fällen aufrecht erhal ten wurden. Daß Nord­Korea jedoch auch in Deutschland auf sich aufmerksam machen möchte, zeigt sich an einer für November 1997 geplanten Kunst­ und Kulturausstellung in Düsseldorf. Der Wille von koreanischer Seite hierzu besteht und auf die politische Komponente wird erstmalig verzichtet. Des öfteren wurde uns gesagt: ''Die Koreaner und die Deutschen sind von der Mentalität her ähnlich". Als wir dann erzählten, daß es das Sprichwort gäbe: ''Die Koreaner sind die Preußen Asiens", wurde erst gelacht und dann mit dem Kopf zustimmend genickt. Zum Abschied wurde uns gesagt, daß wir wiederkommen sollten, gerne auch mit anderen Reiseteilnehmern zusammen. Jeder solle sich selbst sein Bild machen, da soviele Falschmeldungen über die Volksrepublik Korea im Umlauf seien. Ich werde gefragt, ob ich mit der Bahn oder dem Auto von Berlin nach Düsseldorf komme. Als ich antworte: ''Nein, mit dem Flugzeug", ist man kurz sprachlos. In diesem Moment fällt uns ein, daß es in der KDVR keine Inlandsflüge gibt. Zweifelsohne, dank der ausgezeichneten Betreuung und Organisation zeigte sich uns Nord­Korea von seiner besten Seite. Und das nicht nur bei offiziellen Reisepunk ten. In die Gebiete, in denen es anders aussieht, kamen wir nicht und fanden uns damit ab, daß jede Regierung oder Organisation, die als Gastgeber auftritt, nur die schönen Seiten mit Stolz vorführt. Aber das weiß man ja vor Reiseantritt. Wieder zuhause angekommen liegen die Publikationen ''Korea Today" aus Pjöngjang und ''SEOUL" ein trächtig auf dem Poststapel.

In beiden sind nur glückliche, lachende Menschen zu finden.
 



(c) Andreas Niederdeppe
mit freundlicher Genbehmigung des Autors für www.koreainfo.de


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